Ist Sportschießen wirklich Sport?
„Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich Sport zu einem umgangssprachlichen, weltweit gebrauchten Begriff entwickelt. Eine präzise oder gar eindeutige begriffliche Abgrenzung lässt sich deshalb nicht vornehmen. Was im allgemeinen unter Sport verstanden wird, ist weniger eine Frage wissenschaftlicher Dimensionsanalysen, sondern wird weit mehr vom alltagstheoretischen Gebrauch sowie von den historisch gewachsenen und tradierten Einbindungen in soziale, ökonomische, politische und rechtliche Gegebenheiten bestimmt. Darüber hinaus verändert, erweitert und differenziert das faktische Geschehen des Sporttreibens selbst das Begriffsverständnis von Sport.“
P. Röthig (Hrsg.): Sportwissenschaftliches Lexikon. Hofmann, Schorndorf 1992.
Auch wenn die sportwissenschaftliche Definition des Begriffs "Sport" nicht auf Anhieb erklärt, was unter Sport zu verstehen ist, so belegt sie dennoch, dass das (Sport-) Schießen entgegen vieler Stammtischbehauptungen zum Sport zählt.
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat darüber hinaus klare Richtlinien, was eine Sportart ausmacht:
Sport wird also dadurch definiert, dass die Sportart zunächst klaren Regeln unterliegt, ein Wettkampf innerhalb dieser Sportart möglich ist und dass diese die Unverletzlichkeit der Person garantiert.
Der Schießsport ist, zumindest in Deutschland, wohl eine der Sportarten, die den schärfsten Regeln unterliegt - dies nicht zuletzt auf Grund des Waffengesetzes. Zudem wird im Schießsport niemals auf ein Lebewesen geschossen oder gezielt. Darüber hinaus werden ebenso wenig Ziele bzw. Scheiben verwendet, die ein Abbild eines Menschen darstellen. Auch bezüglich der Wettkämpfe kommt der Schießsport den Richtlinien des DOSB nach, indem es sowohl Einzel- als auch Mannschaftswettkämpfe fast aller Disziplinen des Sportschießens gibt, welche sowohl national als auch international (Olympische Disziplin seit 1896) ausgeführt werden.
Geschichte des Sportschießens
Historische Quellen belegen, dass die Tradition des Sportschießens in Europa zurück bis ins 15. Jahrhundert reicht. Hervorgegangen ist das Sportschießen aus den sog. Bürgerwehren, die während des Mittelalters in Schützengilden organisiert waren, um unter anderem die Städte zu verteidigen. Diese Bürgerwehren spielten vor allem in den napoleonischen Befreiungskriegen (1813-1815) und während des Kaiserreiches (ab 1871) eine große militärische sowie vor allem soziale Rolle. Seit 1896 ist das Sportschießen olympisch anerkannt, für Frauen allerdings erst ab 1984. Während das Sportschießen "früher" noch mit Militärwaffen ausgeübt wurde, gibt es heute spezielle nur für den Sport entwickelte Waffen. Diese Waffen unterscheiden sich drastisch von denjenigen, die fürs Militär oder für die Jagd vorgesehen sind. Das Sportschießen zählt, an der Mitgliederzahl gemessen, in Deutschland zu der viertstärksten Sportart.
Schießen als Sportart
Das Ziel fast jeder Disziplin des Sportschießens ist es, die Mitte einer Scheibe zu treffen, um die höchstmögliche Ringzahl zu erreichen (Ausnahme: Biathlon und mehrschüssige Luftpistole). In der Regel besteht eine Serie aus 40 bis 60 Schuss, plus Probeschüsse, um die Waffe einzustellen.
Damit eine Kontinuität bezüglich des Ergebnisses im Sportschießen erreicht werden kann, bedarf es an körperlichem sowie mentalem Training. Häufig wird dies auch als der "Einklang zwischen Körper und Geist" bezeichnet, da Körperbeherrschung sowie innere Ruhe und Ausgeglichenheit entscheidend für den Ablauf sind. Leider unterschätzen Nichtkenner dieser Sportart die körperlichen und geistlichen Anstrengungen, sodass diese die Meinung vertreten, Schießen sei kein Sport.
Sportschießen mit Pressluftwaffen ist erst für Jugendliche ab dem 12. Lebensjahr erlaubt (mit Ausnahmegenehmigung bereits ab dem 10. Lebensjahr. Für Kinder besteht die Möglichkeit, mit einem Infrarotgewehr bzw. mit einer Infrarotpistole zu schießen, wodurch kein scharfer Schuss, sondern lediglich ein Lichtsensor ausgelöst wird. Das Kleinkaliberschießen mit scharfer Munition ist ab dem 14. Lebensjahr unter Aufsicht einer ausreichend qualifizierten Aufsicht möglich. Andernfalls ab dem 16. Lebensjahr.
Die Anforderungen an die Aufsicht habenden Personen bzw. Trainer oder Übungsleiter sind im Schießsport höher angesiedelt als in anderen Sportarten. So reicht zur Aufsicht i.d.R. kein einfacher Trainer C Lehrgang sondern es muss für die reine Aufsicht auf dem Schießstand ein Waffensachkunde- und zusätzlich für das Jugendtraining ein Jugendbasislehrgang absolviert werden. Ein Schieß-sportleiterlehrgang befähigt darüber hinaus, Wettkämpfe zu veranstalten und einen Verein bezüglich der Bestimmungen des Deutschen Schützenbundes zu leiten. Diese Bestimmungen können aber von Bundesland zu Bundesland bzw. von Schützenbund zu Schützenbund variieren.